Naja pallida
Rote Speikobra
Kennzeichen: Der verhältnismäßig kurze und breite Kopf setzt sich mäßig vom Hals ab. Das Auge ist groß, die Pupille rund. Es sind sieben Oberlippenschilde vorhanden. Die Schuppen sind glatt und umgeben die Körpermitte in 21 bis 27 schräg verlaufenden Reihen. Je nach geographischer Verbreitung ist die Körperfärbung variabel. Die meisten in Deutschland lebenden Naja pallida stammen von Tieren ab, die vor langer Zeit aus dem östlichen und südlichen Kenia importiert worden sind. Diese Exemplare sind orangefarben oder rot mit breiter, dunkler bis schwarzer Halsbinde, die besonders deutlich bei Jungtieren hervorsticht. Bei erwachsenen Exemplaren verblasst das schwarгe Halsband, und die schцne rosarote Fдrbung geht in ein dunkles Rotbraun ьber. Rote Speikobras aus dem nцrdlichen Tansania sehen genau so aus wie solche aus Kenia. Besonders bei Tieren aus dem Tschad und aus Sьdostдgypten kцnnen zwei oder gar drei Halsbinden vorhanden sein. Exemplare aus anderen Gebieten kцnnen ein blaЯrotes, rostfarbenes bis graues, rotbraunes, gelbliches oder sogar stahlblaues Kцrperkolorit aufweisen. Die Zwischenschuppenhдute sind bei diesen Schlangen schwarz. Eine ungewцhnlich gefдrbte Naja pallida aus dem Niger war schwarz mit gelben Binden auf dem Hals.
Länge: Meist 80 bis 120 cm. Die Maximallänge beträgt kaum mehr als 150 cm.
Herkunft und Lebensweise: Die verhältnismäßig kleine Naja pallida galt früher wie die nahe Naja katiensis und Naja mossambica verwandten Arten als Unterart von Naja nigricollis. Heute werden diese drei Kobras von den meisten Systematikern als valide und selbständige Arten anerkannt.
Naja pallida ist aus dem nördlichen Tansania, großen Teilen Kenias, dem südlichen und dem östlichen Äthiopien, Somalia, Erithrea, dem nordwestlichen und nördlichen Sudan und aus dem südlichen Ägypten bekannt, wo diese Giftnatter in unmittelbarer Nähe des Nils angetroffen wird. Punktförmige Reliktvorkommen existieren im Ennedi-Massif, im Tschad und im Niger. Ein weiterer möglicher Fundort ist aus Nord-Kamerun bekannt.
Naja pallida ist ein Charaktertier trockener Grasländer, Savannen und Halbwüsten mit spärlicher Vegetation. Die echten Wüsten werden jedoch gemieden, so dass diese Schlange bis auf punktförmige Ausnahmen in der Sahara fehlt. Sie tritt dort nur an sehr wenigen Stellen auf, wo es Oasen mit ein wenig Wasser gibt.
Naja pallida ist eine weitgehend Bodenbewohnende Art, die nur gelegentlich auf Buschwerk und niedrige Bäume klettert. Während des Tages hält sich die Rote Speikobra in allerlei Erdhöhlungen, unter Ansammlungen von dürrem Gestrüpp, trockenen Blättern und umgefallenen Baumstämmen auf. Erwachsene Exemplare leben vorwiegend nachtaktiv, während Jungschlangen häufig am Tage außerhalb ihrer Schlupfwinkel angetroffen werden, möglicherweise deswegen, weil sie zu dieser Zeit einem Teil ihrer tagaktiven Beutetiere nachstellen. Das weite Beutespektrum umfasst vor allem allerlei Kröten, Frösche, Kleinsäuger, Vögel, Echsen und auch andere Schlangen.
Wenn die Rote Speikobra in der freien Natur aufgescheucht wird und nicht mehr fliehen kann, nimmt sie die für gereizte Kobras so typische aposematische Drohstellung an. Sie richtet ihren Vorderkörper senkrecht und verhältnismäßig hoch auf und breitet die Halsregion zu einem für diese Gattung engen Schild aus. Das Gift wird wie bei anderen Speikobraarten, zuweilen mehrmals hintereinander und mit großer Zielsicherheit, aus zwei Giftzähnen dem Angreifer in die Augen gesprüht. Auch ungereizt ist die Schlange in der Lage, aus jeder Körperhaltung heraus ihr Gift einem vermeintlichen Aggressor entgegenzuspritzen. Aus einer Entfernung von 2 bis 3 m kann es noch die Augen treffen. Nach eigenen, zweimaligen Erfahrungen ruft es dort sofort ein stark brennendes und sehr schmerzhaftes Gefühl hervor.
Um bleibende Schäden an den Augen zu unterbinden, muss das Gift so schnell wie möglich mit klarem Wasser verdünnt und ausgewaschen werden. In Ermangelung von Wasser können in Notfällen auch Flüssigkeiten wie Milch, Bier oder sogar Urin verwendet werden. Das irritierte Auge darf in keinem Fall gerieben und sollte nach dem Auswaschen bandagiert werden. Der Patient ist möglichst zu einem Augenarzt oder in eine Klinik zu bringen. Das Gift selbst wirkt neuro-, vor allem aber cytotoxisch. Ein Biss der Roten Speikobra kann daher zu üblen Nekrosen führen. Über das Fortpflanzungsverhalten der Schlange in freier Natur ist nur wenig bekannt. Naja pallida soll 6 bis 15 Eier (im Terrarium sind es oft mehr) legen, die 50 mm x 25 mm groß sind.
Haltung und Zucht: Die Haltung von Naja pallida ist grundsätzlich die gleiche wie die von Naja mossambica, wobei für ein Paar der genannten Art ein Terrarium von 80 cm x 50 cm x 50 cm genügt. Eine Unterschlupfmöglichkeit ist für diese anfänglich oft so nervöse Schlange eine Notwendigkeit. Als Versteck eignen sich eine große Tonröhre oder ein hohler Zierkork, in denen sich die Rote Speikobra fast den ganzen Tag über aufhält. Erst in der Dämmerung und in der Nacht wird sie munter. Ebenso notwendig ist ein Wassergefäß mit stets sauberem Wasser.
Die Temperaturen sollten am Tag zwischen 25 und 32 °C liegen und in der Nacht um 2 bis 5 °C absinken. Die Fütterung gestaltet sich mit lebenden oder toten Mäusen, Ratten und Hühnerküken recht unproblematisch. Mit der Zeit gewöhnt sich die Rote Speikobra gut in die Terrarienbedingungen ein und unterlässt das häufige Versprühen ihres Giftes.
Die Nachzucht ist in keiner Weise schwierig und schon häufig gelungen. H. Bungert beobachtete Paarungen im April. Die Schlangen müssen jedoch auch in anderen Monaten kopuliert haben. 12, 20 und in einem Fall sogar 22 Eier wurden abgelegt. Die Eiablage erfolgte mit größter Regelmäßigkeit 14 Tage nach Häutung des trächtigen Weibchens. Die Eier wurden in einem Inkubator bei Temperaturen zwischen 28 und 30 °C gezeitigt. Je nach Höhe der Temperatur- und Luftfeuchtigkeitswerte beträgt die Inkubationsdauer etwa 60 Tage. Die erste Häutung findet bei den Jungschlangen zehn Tage nach dem Schlüpfen statt. Danach gehen die kleinen Roten Speikobras erstmalig an junge Mäuse, wobei sie behaarten Mäusen, die durch ihr Umherlaufen und Umherspringen einen besonderen Reiz auf sie ausüben, den Vorzug geben. Sehr gern werden kleine Kröten und Froschteile wie auch Schenkel von Hühnerküken gefressen.
Besonders erfolgreich bei der Nachzucht der Roten Speikobra ist der Reptilienzoo in Regensburg, der diese Art fast jährlich zur Fortpflanzung bringt. Über das Fortpflanzungsgeschehen von Naja pallida im Leipziger Zoo berichtete Engelmann. Die dortigen Elterntiere schlüpften 1979 im Bronx-Zoo in New York. Am 19. 11. 1984, am 6. 12. 1985 und am 25. 11. 1986 kam es zu Paarungen. Am 3. 8. 1986 legte das Weibchen 18 und am 7.8. 1986 nochmals ein Ei ab. Aus den Eiern schlüpfte nur ein Jungtier. Naja pallida ist sehr gut haltbar, langlebig, ohne große Schwierigkeiten zur Nachzucht zu bringen und somit eine empfehlenswerte und ideale Terrarienschlange.
Bericht von Ludwig Trutnau!!!
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